Die Luisenstadt in Kreuzberg


Beginnen soll unsere kleine Tour durch die Luisenstadt am U-Bahnhof Moritzplatz der Linie 8. Heute gehört zu Kreuzberg-Friedrichshain nur der südliche Teil der alten Luisenstadt, genauer gesagt: Das Stadtgebiet zwischen Stallschreiberstraße, Engelbecken und Bethaniendamm im Norden und dem Landwehrkanal im Süden. Mit dem Großberlin-Gesetz von 1920 wurde die Luisenstadt zwischen den neuen Bezirken Mitte und Kreuzberg aufgeteilt. Mitte erhielt den nördlichen Teil der Luisenstadt, die sich seit dem 16. Jahrhundert zur Cöllner- bzw. Köpenicker Vorstadt entwickelt hatte.

Schon 1261 schenkte Markgraf Otto III. der Stadt Cölln zur Erweiterung ihrer Feldmark die „Myrica“, „eine wüste und buschige Gegend“, an der er selbst kein Interesse hatte. Die „Myrica“ lag südlich von Cölln und erstreckte sich bis zu den Besitzungen der Tempelritter, die als Tempelhofer Berg (Kreuzberg, Viktoria-Park) und als Tempelhofer Feld (Exerzierplatz und ehemaliger Flughafen) bekannt sind.

In einer „Allerhöchsten Kabinetsordre“ vom 4.4.1802 verfügte König Friedrich Wilhelm III. die Vorstadt nach seiner Gemahlin, der Königin Luise, den Namen „Luisenstadt“ zu geben. Zugleich mit der Umbenennung wurde die Luisenstadt zum sechsten Stadtteil der Königlichen Residenz erhoben. Nördlich wurde sie vom alten Festungsgraben zwischen der Wallstraße und Jakobstraße, östlich von der Spree, südlich von der Stadtmauer und westlich von der Friedrichstadt begrenzt. 1802 lebten 13058 Einwohner in der Luisenstadt. Friedrich Wilhelms ältester Sohn, Friedrich Wilhelm IV., favorisierte die Bebauungspläne des Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné für die Berliner Vorstädte und beauftragte ihn um 1840 auch mit der Umgestaltung der Luisenstadt.

Lenné erweiterte die Luisenstadt über die Akzisemauer (Hallesches Tor, Kottbusser Tor und Schlesisches Tor) hinaus bis an den Schafgraben, der bis 1850 zum schiffbaren Landwehrkanal ausgebaut wurde. Zusätzlich erfolgte der Bau des Luisenstädtischen Kanals in den Jahren 1848 bis 1852. Es entstand eines der am dichtesten besiedelten Stadtteile Berlins mit seiner so typischen Mischung von Wohnen und Gewerbe.

Der sich nach 1850 vollziehende Zuzug von Bewohnern aus ländlichen Gegenden in die Handwerks- und Industriegebiete von Berlin sorgte für eine Verdichtung der Besiedlung und schuf besonders enge Wohnverhältnisse in der Luisenstadt. Im Jahre 1910 hatte die Luisenstadt schon über 300.000 Einwohner, was bedeutete, dass bis zu 60.000 Einwohner auf nur einem Quadratkilometer lebten. Damit war die Luisenstadt das am dichtesten besiedelte Gebiet im Großraum Berlin.

Die heute noch bekannten Plätze der damaligen Luisenstadt in Friedrichshain-Kreuzberg sind wohl das Kottbusser Tor, der Moritzplatz, der Görlitzer Bahnhof sowie die Oberbaumbrücke. Aber auch der Oranienplatz, der das Zentrum der historischen Luisenstadt bildete und auf der Denkmalliste des Landes Berlin als Stadtplatz verzeichnet ist, als auch der Mariannenplatz mit dem Bethanien-Krankenhaus, wo einst der bekannte Schriftsteller Theodor Fontane als Apotheker wirkte, gehören dazu.

Der Wassertorplatz hat einen historisch wichtigen Hintergrund für die Luisenstadt. Hier befand sich an der alten Zoll- und Akzisemauer ein Eisengittertor, das wie 18 weitere Tore Berlins als Kontrollpunkt für Warentransporte diente. Nur das hier Schiffe kontrolliert wurden.

Die Akzisemauer diente zwar als Stadtmauer, jedoch ohne eigentliche militärische Aufgabe, wenn man von der Verhinderung der Desertation absieht. Sie war nur für die Kontrolle des damaligen Warenverkehrs gedacht. Der Luisenstädtische Kanal passierte den Wassertorplatz, den Oranienplatz, das Engelbecken und folgte dem heutigen Engeldamm bis zur Schillingbrücke, wo er in die Spree einmündete. Dieser Kanal wurde allerdings 1926 zugeschüttet.

Der „Grünzug“, der dem Verlauf des Luisenstädtischen Kanals in südlicher Richtung folgt, wird von der Skalitzer Straße geteilt und verläuft am Segitz- und Erkelenzdamm bis zum Böcklerpark. Zusammen mit dieser Grünanlage bildet der Wassertorplatz ein einzigartiges Gartendenkmal.

Mit der Bildung von Groß-Berlin im Jahre 1920 verschwand der Name Luisenstadt von den Karten und Stadtplänen, wobei der größere südliche Teil an den neu gebildeten Bezirk Kreuzberg und der historisch ältere Teil im Norden an den neuen Bezirk Mitte fiel. Von 1961 bis 1990 verlief ein Abschnitt der Berliner Mauer an den Bezirksgrenzen von Mitte und Kreuzberg. Das heute älteste noch erhaltene Gebäude der Luisenstadt ist die St. Jacobi-Kirche in der Oranienstraße 132-134.

Abbildungen: Quelle Wikipedia, Text: Luise Zimmermann, Fotos: Medienteam Friedrichshain-Kreuzberg TV