Nationaldenkmal im Viktoriapark: Ein Symbol der Freiheit

Hoch über den Dächern von Berlin, im grünen Herzen des Stadtteils Kreuzberg, erhebt sich ein beeindruckendes Bauwerk: das Nationaldenkmal. Dieses neogotische Meisterwerk, entworfen von dem berühmten Architekten Karl Friedrich Schinkel, erinnert an eine der bedeutendsten Epochen der deutschen Geschichte – die Befreiungskriege gegen Napoleon Bonaparte.

Wer Napoleon Bonaparte nicht kennt, hier ein paar historische Daten:

*Geburt:
15.08.1769 in Ajaccio auf Korsika
Frühe Karriere:
1785 Abschluss der Militärschule in Paris
1793 Beförderung zum Brigadegeneral nach dem Sieg in Toulon
1796 – 1797 Erfolgreicher Feldzug in Italien
1798 – 1799 Expedition nach Ägypten
Erster Konsul:
1799 Staatsstreich und Ernennung zum Ersten Konsul
1802 Konsul auf Lebenszeit
Kaiser der Franzosen:
1804 Krönung zum Kaiser
Napoleonische Kriege, die Europa veränderten:
1805 Schlacht bei Austerlitz
1806 Schlacht bei Jena-Auerstedt
1809 Schlacht bei Wagram
1812 Russlandfeldzug
1813 Völkerschlacht bei Leipzig
Abdankung und Verbannung:
1814 Erste Abdankung und Verbannung nach Elba
1815 Herrschaft der Hundert Tage
1815 Schlacht bei Waterloo
1815 Zweite Abdankung und Verbannung nach St. Helena
1821 Tod auf St. Helena

Errichtet zwischen 1817, der Grundsteinlegung, und der Einweihung 1821, ist das Denkmal aus gusseisernen Elementen gefertigt. Die 18,83 Meter hohe Fiale ragt wie eine imposante Turmspitze in den Himmel. Die zwölf Kantenflächen des Denkmals tragen Inschriften, die an die entscheidenden Schlachten der Befreiungskriege erinnern. Die Wahl des Standorts auf dem höchsten Punkt des damaligen Tempelhofer Berges war bewusst gewählt: Hier sollte ein sichtbares Zeichen des Sieges über Napoleon und der Wiedererlangung der deutschen Freiheit gesetzt werden.

Um das Denkmal herum entstand im Laufe der Zeit der Viktoriapark, der mit seinem kaskadenartigen Wasserfall und der üppigen Vegetation eine grüne Oase inmitten der Großstadt bildet. Der Park ist nicht nur ein beliebtes Ausflugziel für Berliner und Touristen, sondern auch ein Ort der Ruhe und Erholung.

Das Denkmal selbst hat zwölf Genien (sind Personen, die sich durch außergewöhnliche Fähigkeiten und Kreativität von anderen Menschen unterscheiden), die die Fiale (ein schlankes, spitz zulaufendes Türmchen, dass oft als eine bauliche Verzierung und Überhöhung von Strebepfeilern oder Ähnlichem dient – ein typisches gotisches Zierelement) umgeben. Diese allegorischen Figuren, geschaffen von renommierten Bildhauern wie Cristian Daniel Rauch und Friedrich Tieck, symbolisieren die wichtigsten Schlachten der Befreiungskriege (1813 – 1815). Jede dieser Figuren ist eine Hommage an Feldherren oder Mitglieder des Königshauses, wie z. B. auf:

Abbildung A) Die Schlacht bei Groß-Görschen (2. Mai 1813):
Genius in der antiken griechischen Rüstung, gekrönt mit einer Strahlenkrone, seine Hände ruhen auf einem Schild mit den Wappen der drei Verbündeten Preußen, Österreich und Russland. Wilhelm von Preußen, Bruder des Königs. Entworfen von Cristian Daniel Rauch, ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung B) Die Schlacht bei Großbeeren (23. August 1813):
Jugendlicher Genius in Landsturmrüstung, mit Berliner Wappen auf der Brustrüstung, seine Lanze mit Keimen von Lorbeerblättern in den Boden gerammt, soll an Friedrich Wilhelm IV. erinnern. Entworfen und ausgeführt von Friedrich Tieck.

Abbildung B) Die Schlacht an bei Katzbach (26. August 1813):
Genius in der antiken griechischen Rüstung mit einem Lorbeerkranz in der Hand, soll an Gebhard Leberecht von Blücher als junger Mann erinnern. Entworfen und ausgeführt von Ludwig Tieck.

Abbildung C) Die Schlacht bei Kulm (30. August 1813):
Genius in der Form des Hercules, trägt das Fell des Nemeischen Löwen, stützt sich mit der Linken auf eine Keule, die auf dem Kopf des Kretischen Stiers ruht, mit Blick auf den Lorbeerkranz. Ähnelt König Friedrich Wilhelm III. Entworfen von Friedrich Tieck, ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung C) Die Schlacht bei Dennewitz (6. September 1813):
Genius in der Rüstung eines Landwehrsoldaten, in der linken Hand ein Schwert vor die Brust haltend; in seiner rechten statt über dem Kopf ein Lorbeerkranz. Erinnert an Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz. Entworfen von Christian Daniel Rauch und ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung D) Die Schlacht bei Wartenburg (3. Oktober 1813):
Genius in antiker griechischer Rüstung, ein Schritt in eine Rinde als Teil einer Pontonbrücke, ähnelt Ludwig York von Wartenburg. Entworfen von Christian Daniel Rauch, ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung E) Die Schlacht bei Leipzig (18. Oktober 1813):
Genius in der antiken griechischen Rüstung, gekrönt mit einer Strahlenkrone, seine Hände ruhen auf einem Schild mit den Wappen der drei Verbündeten Preußen, Österreich und Russland. Erinnert an Wilhelm von Preußen, Bruder des Königs. Entworfen von Christian Daniel Rauch, ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung D) Die Schlacht bei La Rothière (1. Februar 1814):
Genius in nordischer Rüstung, schreitet nach vorne, in der Linken einen Lorbeerzweig. Hier wird eine Ähnlichkeit zu Alexander I. von Russland vermutet. Seine Figur könnte die Allianz zwischen Preußen und Russland symbolisieren. Entworfen von Christian Daniel Rauch, ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung F) Die Schlacht bei Bar-sur-Aube (27. Februar 1814):
Jugendlicher Genius in antiker griechischer Rüstung mit Lanze und Schild mit dem preußischen Wappen. Der Genius wird oft mit Wilhelm I, dem späteren deutschen Kaiser in Verbindung gebracht. Seine Jugend und Tatkraft könnte hier symbolisiert wurden sein. Entworfen und ausgeführt von Ludwig Wichmann.

Abbildung G) Die Schlacht um Paris (30. März 1814):
Genia, gekrönt von einem Lorbeerkranz. Die Figur wird mit Königin Luise von Mecklenburg-Strelitz in Verbindung gebracht und symbolisiert die Freude über die wiedergewonnene Freiheit und Befreiung. Entworfen und ausgeführt von Christian Daniel Rauch.

Abbildung H) Die Schlacht bei Belle Alliance (18. Juni 1815):
Genia in einer Tunika, symbolisiert den Frieden von Paris; als Frucht dieser letzten Schlacht zeigt sie einen Olivenzweig. Stellt Charlotte von Preußen, Tochter Friedrich Wilhelms III., Gemahlin des Großfürsten Nikolaus Pawlowitsch dar. Entworfen und ausgeführt von Christian Daniel Rauch.

Jeder dieser Genien ist nicht nur eine allegorische Darstellung einer Schlacht, sondern auch ein Porträt einer historischen Persönlichkeit. Die Kombination von mythologischen Allegorie und historischer Person verleiht den Skulpturen eine besondere Tiefe und macht sie zu faszinierenden Kunstwerken. Die Verbindung mit konkreten Personen macht die abstrakten Begriffe von Sieg, Freiheit und Vaterland greifbarer. Zudem ehrt sie die dargestellten Personen und bindet sie in die nationale Erinnerungskultur ein.

Die detailreiche Gestaltung der Skulpturen ist beeindruckend. Waffen, Rüstungen, Tiere, Pflanzen, Gebäude und Inschriften ergänzen die Darstellungen und verweisen auf spezifische Ereignisse oder Personen. So kann man an den Rüstungen die sozialen Schichten erkennen, die an den Befreiungskriegen teilnahmen, oder an den Tieren die symbolische Bedeutung von Mut, Stärke und Frieden ablesen. Es ist eine Fiale der Geschichte, die die Ereignisse der Befreiungskriege auf beeindruckende Weise festhält. Die zwölf Genien verkörpern als Wächter der Geschichte die wichtigsten Schlachten und erinnern uns an die Bedeutung von Freiheit, Einheit und dem Mut unserer Vorfahren.

Das Nationaldenkmal im Viktoriapark ist mehr als nur ein Kunstwerk, es ist ein Ort der Erinnerung und des Gedenkens. Es erinnert an die Opfer der Kriege, ehrt die Helden und symbolisiert die Einheit des damaligen deutschen Volkes.

Text und Fotos: M. F.