Die Wiener Straße in Kreuzberg

Geschichtlich betrachtet lag die heutige Wiener Straße außerhalb der damaligen Stadtmauer und die Straße als solche tauchte erstmals im Bebauungsplan von James Hobrecht (1825-1902) aus dem Jahr 1862 auf.

In den folgenden Jahren wurde die Stadtmauer abgerissen und mit dem Bau des Görlitzer Bahnhofes begonnen, welcher im Jahr 1866 fertig gestellt und eröffnet wurde. Im Jahr 1873 war auch die mit Bürgersteigen ausgebaute Straße fertig und es fehlte nur noch ein Name. Ihren Namen erhielt die Wiener Straße deshalb, weil die ersten Züge vom angrenzenden Görlitzer Bahnhof von Berlin nach Wien fuhren.

Blick in Richtung Görlitzer Bahnhof

Blick vom Landwehrkanal

Durch die heute nicht mehr existierende Wiener Brücke über den Landwehrkanal bildete die Wiener Straße einen gemeinsamen Straßenzug mit der Karl-Kunger-Straße bis nach Alt-Treptow hinein. Im Jahr 1896 wurde anlässlich der Berliner Gewerbeausstellung die zweite Straßenbahnlinie in Berlin eröffnet – vom Görlitzer Bahnhof bis zur Bulgarischen Straße (alias B 96a) in Alt-Treptow.

Hier stand einmal die Wiener Brücke

Nach dem 1. Weltkrieg war die Wiener Straße eine Hochburg der KPD-Anhänger. Ungeachtet dessen wurde jedoch im Jahr 1925 die bereits verbotene NSDAP in der Kneipe „Kock“ wieder gegründet. Mit der Machtübernahme der Nazis 1933 wurden im berüchtigten SA-Sturmlokal „Wiener Garten“ Kommunisten und Sozialdemokraten gefoltert.

Wanderzirkus Cabuwazi

Wanderzirkus Cabuwazi

Während des 2. Weltkrieges wurden viele Häuser in der Wiener Straße durch die Luftangriffe der Alliierten völlig zerstört. Um das Vorrücken der Roten Armee zu erschweren, wurde die Wiener Brücke von der Wehrmacht gesprengt. Nach dem Krieg wurde zwar eine Fußgängerbrücke errichtet – diese wurde jedoch durch den Mauerbau im August 1961 abgeschnitten und musste entsprechend abgerissen werden. In diesem Zusammenhang wurde auch die bestehende Straßenbahnlinie 88 „Steglitz Waldpark – Wiener Brücke“ stillgelegt.

Eingang Görlitzer Park

In den 60er Jahren wurde Kreuzberg zwar zum Sanierungsgebiet erklärt, die Wiener Straße war davon aber ausgenommen, da hier die Autobahn 106 verlaufen sollte. Dieses Vorhaben spiegelte sich auch in der Wiener Straße wieder, denn immer mehr Menschen verließen dort ihre Wohnungen aus Angst vor dem befürchteten Lärm. Das führte wiederum dazu, dass Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre immer mehr türkische Gastarbeiter in die Straße zogen und so die Entwicklung der Straße über Jahrzehnte prägten.

Ausgehmaile Wiener Straße

Bundesweite Bekanntheit erlangte die Wiener Straße im Jahr 1987 als es bei Demonstrationen zum 1. Mai zu Ausschreitungen mit der Polizei kam und der Bolle-Supermarkt in der Wiener Straße angezündet wurde und anschließend komplett nieder brannte und einstürzte. Interessant an dem Vorfall ist, dass der Anzünder des Supermarktes nicht etwa aus der linksautonomen Szene stammte, sondern es sich dabei um den psychisch kranken Armin S. handelte – ein notorischer Pyromane. Er war lediglich zum Plündern gekommen und anschließend zündete er den Supermarkt an. Im Prozess gab er später an, insgesamt 48 Brandstiftungen verübt zu haben. Er landete schließlich in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt.

Der Supermarkt wurde nie wieder aufgebaut und die Fläche lag viele Jahre brach. An dieser Stelle steht heute die im Jahr 2010 neu eröffnete Omar-Ibn-Al-Khattab-Moschee – die zweitgrößte Moschee in Berlin. Sie beherbergt einen Gebetssaal für ca. 1.000 Gläubige, ein Restaurant, einen Friseur, einen Halal-Metzger und sogar einen Kindergarten.

Die Omar-Ibn-Al-Khattab-Moschee

Die Feuerwache in der Wiener Straße ist der Nachfolger der Feuerwache Reichenberg und wurde 1976 eröffnet. Die markanten Graffitis auf der Fassade sind in Absprache mit dem Stadtplanungsamt Friedrichshain-Kreuzberg entstanden und wurden von der Sprayer Gruppe „Graffitnix“ aus Marzahn ausgeführt. Die Idee, die Fassade mit Graffitis zu bemalen, entstand deshalb, weil diese immer wieder von Graffitisprayern verunziert und beschädigt wurde. Die Feuerwache ging also in die Offensive und suchte gezielt nach Graffitisprayern, die die Fassade ästhetischer gestalten sollten und zugleich ein zusammenhängendes Bild gestalten konnten. Schließlich einigte man sich auf ein Thema – „Geschichte des Feuers“. Und so entstand mit ca. 100 Metern die wohl längste besprühte Feuerwache Berlins.

Feuerwache Kreuzberg: In Absprache mit Stadtplanungsamt Friedrichhain-Kreuzberg mit Graffiti bemalt

Ein ebenso markantes Gebäude befindet sich ebenfalls in der Wiener Straße – das Wellenbad am Spreewaldplatz. Vom Berliner Architekten Christoph Langhof entworfen, wurde es 1987 feierlich eröffnet und ist heute das einzig verbliebene Wellenbad in Berlin.

Das Wellenbad

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