Ausstellung „Modebilder – Kunstkleider“ in der Berlinischen Galerie

Die Berlinische Galerie, das Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, zeigt vom 18. Februar bis 30. Mai 2022 die Ausstellung „Modebilder –Kunstkleider | Fotografie, Malerei und Mode | 1900 bis heute“.

F. C. Gundlach, Berliner Mode, fotografiert auf dem Dach des RCA Building, New York 1958, © Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg; Repro: Anja Elisabeth Witte

Die Ausstellung der Berlinischen Galerie mit rund 270 Exponaten versucht Fragen der Beziehung zwischen Kunst und Mode nachzugehen: Welche Rolle spielt die Mode in Malerei, Zeichnung und Fotografie der letzten 100 Jahre? Nach welchen Regeln werden Kleidung und Kostüme in der Bildenden Kunst eingesetzt? Wie kleiden und inszenieren sich Künstler*innen damals und heute? Wie wird Mode als Medium in der zeitgenössischen Kunst genutzt?

Franz Christian Gundlach (1926 – 2021) arbeitete nach seiner Ausbildung ab 1949 als freiberuflicher Fotograf. Er veröffentlichte zunächst Theater- und Filmreportagen in der „Deutschen Illustrierten“, der „Revue“ und im „Stern“. Ab 1953 konzentrierte er sich auf die Modefotografie im journalistischen Stil für die Hamburger Zeitschrift „Film und Frau“, für die er deutsche Mode, aber auch die Pariser Haute Couture ablichtete.

Berühmt wurde er durch seine Modereportagen mit Filmstars und Künstlerporträts von Romy Schneider, Hildegard Knef, Dieter Borsche und Jean-Luc Godard. Für „Film und Frau“ und den „Stern“ sowie andere Zeitschriften unternahm Gundlach viele Mode- und Reportagereisen nach Asien und Amerika.

Exklusiv fotografierte er ab Mitte der 1960er Jahre bis 1983 für die Zeitschrift „Brigitte“  mehr als 160 Titelcover. In den 1970er und 1980er Jahren führten ihn Fotoreisen vor allem nach New York und an die US-Westküste. Viele der Modefotografien von F. C. Gundlach der 1950er, 1960er und 1970er Jahre, in denen sich Kunst und Mode dieser Zeit widerspiegelten, wurden zu echten Foto-Ikonen.

Franz Skarbina, Dame auf der Wandelbahn eines Seebads, 1883, © Urheberrechte am Werk erloschen, Foto: Kai-Annett Becker

Mode und Kunst sind Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen und individueller Bedürfnisse. In der Sammlung der Berlinischen Galerie ist das Thema
überraschend und vielfältig präsent. Neben zahlreicher Modefotografien quer durch das 20. Jahrhundert sprechen ebenso viele Gemälde und Zeichnungen von der Rolle der Mode als Ausdrucks- und Repräsentationsmittel einer Zeit: vom Reformkleid um 1900 über die Dada-Dandies der 1920er Jahre bis zu avantgardistischen Kleidungsentwürfen in der zeitgenössischen Kunst.

Jacob Hilsdorf, Anna Muthesius, 1911, © Urheberrechte am Werk erloschen, Repro: Anja Elisabeth Witte

Im September 1896 wurde auf dem internationalen Berliner Frauenkongress das Thema Frauenkleidung in Deutschland erstmals öffentlich diskutiert. Im gleichen Jahr wurde der „Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung“ gegründet. Seine erste Ausstellung fand im April 1897 in Berlin statt.

Die Reformbewegung in Deutschland lehnte das einschnürende Korsett der bisherigen Frauenkleidung ab und plädierte für eine Mode, die der natürlichen Form des Körpers
folgt und auch im Arbeitsalltag tragbar war.

1903 veröffentlichte Anna Muthesius, Protagonistin der Reformbewegung in Deutschland, ihre Schrift „Das Eigenkleid der Frau“. Auch in ihrer eigenen Kleidung verstand sie sich als Botschafterin.

Besonders in den 1920er Jahren gehörten Mode-Illustrationen für den schnell wachsenden Markt der Zeitschriften zu wichtigen Ausdrucks- und zugleich Einkommensmöglichkeiten von Künstlerinnen.

Hannah Höch, Leiste für „Die Dame“ Entwurf für den Ullstein-Verlag, 1916 – 1926, © VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Hannah Höch (1889 – 1978), die zwischen 1916 und 1926 als Entwurfszeichnerin für die Handarbeitsredaktion des Ullstein-Verlags arbeitete, schuf Stickmuster, die sie auch als Motivquellen für ihre Collagen nutzte. Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt dieser Höch’schen Arbeiten.

Yva, Ohne Titel (Ell’ Dura), um 1930, © Urheberrechte am Werk erloschen, Repro: Anja Elisabeth Witte

Yva (1900 – 1942), eigentlich Else Ernestine Neuländer-Simon, war seit Ende der 1920er Jahre eine gefragte Modefotografin mit einem eigenen Atelier in Berlin Charlottenburg. Sie veröffentlichte ihre Fotos in bekannten Zeitungen und Illustrierten wie „Die Dame“, „Uhu“, „Berliner Illustrirte Zeitung“, „Münchner Illustrierte Presse“ und „Das Deutsche Lichtbild“. Außerdem fertigte sie Porträts von prominenten Personen des öffentlichen Lebens an. Ab 1929 arbeitete sie für den Ullstein-Verlag.

Wegen ihrer jüdischen Herkunft übernahm 1936 eine Freundin die offizielle Leitung des Ateliers. Im selben Jahr begann der später sehr berühmt gewordene Fotograf Helmut Newton (Neustädter) hier seine Fotografenlehre. 1938 musste Yva wegen des Berufsverbotes das Atelier endgültig aufgeben. Bis zur Deportation im Jahr 1942 arbeitete sie als Röntgenassistentin im Jüdischen Krankenhaus Berlin.

Gerd Hartung, Modezeichnung: Paar in Abendrobe, 1932, © Stiftung Stadtmuseum Berlin, Foto: Michael Setzpfandt, Berlin

Der bekannte deutsche Modegrafiker Gerd Hartung (1913 – 2003) besuchte 1930–1932 die Illustrations- und Modeklasse der Reimann-Schule in Schöneberg. Ab 1934 erschienen die ersten Veröffentlichungen in „Die Dame“, „Die Mode von Morgen“, „die neue linie“, „Beyers Modeführer“, „Beyers Mode für alle“, „Vereinigte Textil Zeitung“ und „International Textiles“. Am Anfang zeichnete Hartung im Stil des Art Déco. Später entwickelte er einen freien Zeichenstil. Dabei verwendete Hartung eine Vielzahl unterschiedlicher malerischer und grafischer Mittel. Er gestaltete die Gesichter  selbstbewusst, ausdrucksstark und individuell. Seine Zeichnungen in Tusche, Kreide, Pastell und Aquarell wurden zu Vorlagen für die Hersteller, dienten aber auch dem Unterricht und als Theaterskizzen.

Gerd Hartung, Abendroben für Damen und Herren, 1932, © Stiftung Stadtmuseum Berlin, Foto: Michael Setzpfandt, Berlin

Yva, Ohne Titel (Modefotografie, Modell vorgeführt von Fritzi Krüger), 1933, © Urheberrechte am Werk erloschen, Repro: Anja Elisabeth Witte

Die perfekte Kombination aus Bild und Kleid gelang bei einer berühmten Modeaufnahme von Herbert Tobias (1924 – 1982) aus dem Jahr 1954: Umgeben von Kriegstrümmern präsentiert das Model Irmgard Kunde eine prächtige Abendrobe des deutschen Modedesigners Heinz Oestergaard, das zusammen mit dem Foto ausgestellt ist.

Herbert Tobias, …und neues Leben protzt aus den Ruinen…Berlin 1954, © Berlinische Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Repro: Dietmar Katz

In den 1980er Jahren waren marode Gebäude für die künstlerische Bohème des Prenzlauer Bergs nicht nur Kulisse für ihre selbst entworfene Mode, sondern auch freiheitliche Lebensorte, fotografiert unter anderem von Sibylle Bergemann (1941 – 2010).

Rolf von Bergmann, Run-a-Ways (Serientitel), New York 1979 © Berlinische Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Der Fotograf Rolf von Bergmann (1953 – 1988) wurde zum wichtigen Chronisten der Berliner Szene und hat der Berlinischen Galerie zahlreiche Kleidungsstücke aus eigenen Auftritten hinterlassen, die erstmals museal inszeniert werden. Im Berlin der 1980er Jahre sind es Künstler*innen wie Elvira Bach oder Claudia Skoda, die Kunst und Selbstinszenierung via Kleidung verbinden.

Rolf von Bergmann, Elvira Bach, 1982, © Berlinische Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn 2021, Repro: Anja Elisabeth Witte

Berlinische Galerie
Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124 – 128
10969 Berlin
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Montag: 10:00 – 18:00 Uhr

Internet: www.berlinischegalerie.de