Urban Gardening in Kreuzberg: Der Prinzessinnengarten

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Das neue Gärtnern in der Stadt ist in den vergangenen Jahren zum Sammelbegriff für verschiedene Ansätze geworden – auch in Ballungsgebieten. Die Erfahrung von natürlichem Pflanzenwuchs und die Selbstversorgung aus dem Garten wieder ins eigene Erleben und in die eigene Verantwortung zurückzuholen.

Dabei gewinnt die Idee, großstädtische Brachflächen gemeinschaftlich zu bewirtschaften, immer mehr Anhänger. Den ersten „City Garden“ als gemeinschaftlich betriebenes Anbauprojekt gründete der Recycling-Fachmann Ken Dunn 2002 in Chicago.
Sein Ziel war, die verfallenden Grundstücke der niedergehenden Industriestädte zu nutzen, um die lokale Gemüseversorgung zu verbessern und dabei auch so etwas wie gärtnerische Sozialarbeit zu leisten. Weitere Städte folgten, wie New York, wo in den „Community Gardens“ Anwohner ihre Tomaten und Paprika ziehen.

Seit Sommer 2009 gibt es auch in Berlin-Kreuzberg am Moritzplatz mit dem 6000 m² großen Prinzessinnengarten ein solches Projekt. Wo über 60 Jahre lang eine Brachfläche war, werden heute mitten in der Stadt in mobilen Pflanzkörben eine Vielzahl von Gemüse- und Kräutersorten angebaut. In einem Bezirk mit hoher Bevölkerungsdichte, wenig Grün und vielen sozialen Problemen lernen hier Kinder, Jugendliche, Erwachsene, interessierte Laien, passionierte Gärtner und Freiluftenthusiasten das soziale und ökologische Gärtnern in der Stadt, wie man sich vor Ort aus selbst gezogenen Pflanzen mit eigenen Nahrungsmitteln versorgt und durch gemeinsames Bepflanzen Freiräume für urbanes Leben schafft.

All das verdankt sein Entstehen dem uneigennützigen Engagement von Hunderten von Helfern, Unterstützern, Spendern und Freunden – und das ohne staatliche Förderung.
Gemeinsam haben sie einen Garten geschaffen, der allen offen steht.

Wenn weiterhin immer mehr Stadtbewohner Brachen und Pflasterungen rekultivieren, Grünflächen einhegen und Gemeinschaftsgärten anlegen, hat das Auswirkungen auf die Stadtplanung und die Verwaltung städtischen Grüns.

Heute sind die Schrebergärten zum Beispiel, die die Stadtväter vor hundert Jahren zur Erholung und Selbstversorgung zur Verfügung stellten, in erster Linie private Ruhe- und Rückzugsräume.

In der Urban Gardening-Bewegung zeigt sich hingegen ein neues, anderes Bedürfnis der Bürger: Sie wollen Grün in der Stadt nicht von oben verordnet bekommen, sondern selbst mitbestimmen, wo, für welchen Zweck und in welcher Gemeinschaft dieses Grün genutzt wird. So entstand eine unabhängige, und urbane Avantgarde, die mit Zukunftsthemen, wie zum Beispiel neuen Wohlstandsmodellen, Stadtökologie, Gemeinschaftsprojekten, toleranten interkulturellen Begegnungen und sinnvoller Beschäftigung experimentiert und dabei einen neuen offenen Lebensstil prägt, der sich nicht auf Konsum reduziert, sondern das urbane Leben durch intensive Naturerlebnisse in der Gemeinschaft mit anderen Menschen seelisch bereichert und die Lebensqualität auf diese Weise erhöht.

Prinzessinengarten

Text und Fotos: Michael Freeman