St. Gertrauden-Stift

Das St. Gertraudenhospital und die Gertraudenkirche wurden1405 bis 1411 als Stift vor den Toren des alten Cölln, dort wo heute der Spittelmarkt ist, erbaut. Die gotische Gertraudenkirche und das Spital wurden 1739 im barocken Stil umgebaut. In den 70er und 80er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden vermehrt Geschäftshäuser an der Leipziger Straße gebaut. Der Spittelmarkt wurde vergrößert, indem das Gertraudenhospital 1872 abgebrochen wurde. Die Gertraudenkirche wurde dann 1881 abgerissen.

Der Hofpianofabrikant Theodor Stöcker erwarb am Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts Teile des Blockes Wartenburgstraße, Obentrautstraße, Möckernstraße und Großbeerenstraße in der damaligen Tempelhofer Vorstadt und es ist davon auszugehen, dass er 1870 Teile dieser Landstreifen an das St. Gertrauden-Stift veräußert hat, wo das neue Stift entstehen sollte.

Ein Teil der zukünftigen Mieter sollten Adelige aus dem Wohnstift am Spittelmarkt sein und diese wünschten einem ihren Stand entsprechenden Wohnort. Jedoch wurde von den 38 Bewohnerinnen vom Spittelmarkt bemängelt, dass sie von der Stadtmitte außerhalb der Stadt ziehen sollten.

Von dem Erlös aus dem Verkauf des alten Stifts in der Leipziger Straße wurde das Grundstück in der Wartenburgstraße erworben. Es hatte eine Größe von 10.248 Quadratmetern. 1871 wurde der Baumeister Fritz Koch mit der Bebauung beauftragt, dessen Hauptkriterien bei der Planung und Ausführung eine großzügige Grundrissgestaltung und eine schmuckvolle Fassadengestaltung waren.

Das ü-förmige Hauptgebäude zur Wartenburgstraße hin war im August 1871 zu zwei Dritteln fertig und die 38 Bewohnerinnen des Wohnstifts am Spittelmarkt konnten umziehen. Der erste Deutsche Kaiser Wilhelm I. hatte den Wunsch geäußert, dass die ehrwürdige Kanzel aus der Gertrauden-Kapelle am Spittelmarkt erhalten und im Betsaal des Stiftes in der Wartenburgstraße wieder aufgestellt werden sollte. Zusätzlich wurden noch das Taufbecken, der silberne Altarleuchter aus dem 18. Jahrhundert und ein Gemälde von Professor Umberg mitgenommen.

Der Bau wurde am 1. Juli 1873 beendet und war zu dieser Zeit mit 100 Personen voll belegt. Einschließlich der Gartengestaltung kostete der Bau 480 000 Mark.

Für einen Anbau wurde erneut der Baumeister Fritz Koch beauftragt. Der dreigeschossige Verbindungsbau parallel zu Großbeerenstraße als Anschlussgebäude an den rechten Seitenflügel des Hauptgebäudes wurde 1883 begonnen und 1884 fertiggestellt. So konnten weitere 44 Hospitanten aufgenommen werden und im Jahre 1888 zählte das Stift sechs Männer und 138 Frauen als Bewohner.

Nach dem Verkauf der Rixdorfer Ländereien, die dem Stift gehörten, konnte 1910 der dritte Erweiterungsbau an den königlichen Baurat K. Haak in Auftrag gegeben werden. Er vervollständigte die Gebäudeanlage durch eine Verlängerung des Verbindungsbaues mit einem geringen Abstand zur nördlichen Grundstücksgrenze. Auf jeweils ein Drittel der Länge fügte er noch rückseitig zwei Seitenflügelbauten an. Jetzt konnten noch zusätzlich weitere 100 Hospitanten aufgenommen werden.

In den folgenden Jahren blieb die Anlage ein Wohnstift. Ab 1945 wurde das Gebäude langsam in ein Altenheim mit ärztlicher Betreuung umgewandelt und ab ca. 1960 wurde aus der Anlage ein Krankenhaus, das den Namen „Krankenhaus am Kreuzberg“ erhielt. Ab 1978 war die Anlage Bestandteil des Urbankrankenhauses, Abteilung für chronisch Kranke und hieß nun „Krankenhaus am Urban“. Mitte 1996 wurde daraus ein Altenpflegeheim.

Bereits 1986 wurden die gesamte bauliche Anlage, die Gartenanlage vor dem Hauptgebäude und der Garten an der Großbeerenstraße unter Denkmalschutz gestellt.

Ende des 20. Jahrhunderts wurde der Betrieb eingestellt und im Jahre 2002 verkaufte die Berliner Krankenhaus-Gesellschaft Vivantes, inzwischen Betreiberin des Urban-Krankenhauses, das Gelände und die Gebäude an die Kölner Immobiliengesellschaft Vivacon AG. Diese verwandelte die gesamte Anlage in einen Wohnpark mit 103 Wohneinheiten, zwei Gewerbeeinheiten und einer Tiefgarage.