Rio-Reiser-Platz

Der als Heinrichplatz bekannte Platz wurde im August 2022 zu Ehren von Rio Reiser (1950-1996), des Sängers und Mitgründers der deutschsprachigen Kult-Rock-Band „Ton Steine Scherben“, zum Rio-Reiser-Platz. Südlich des Mariannenplatzes gelegen, wird er durchquert von der Oranien- und der Mariannenstraße. Der frühere Name des Postzustellbezirkes ist als SO 36 sehr bekannt geworden. Diesen Namen trägt auch der legendäre Musikclub, der ganz in der Nähe des Rio-Reiser-Platzes liegt. Die beste Verkehrsanbindung ist der U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof.

Zur Erinnerung an den verstorbenen Prinzen Heinrich von Preußen wurde am 7. April 1849 der Platz zunächst zum „Heinrichs-Platz„. Bis dahin gab es hier noch keine Adressen oder Parzellen.

Bis in die 1990er Jahre geschah nicht viel auf dem Platz, dann wurde er jedoch zum Zentrum der Kreuzberger Ausschreitungen am 1. Mai, was bis zum Ende der 2000er Jahre anhielt. Doch ab 2003 wurde der Platz auch eines der Zentren des kulturellen Myfest-Gegenprogramms. Weitere kulturelle Veranstaltungen wie die Gemüseschlacht zwischen Friedrichshain und Kreuzberg 1995 fanden auf dem damals noch Heinrichplatz genannten Areal statt. Doch dieser Platz wurde auch durch seine Cafés und Kneipen überregional bekannt. In der Kneipe „Zum Elefanten“ spielen zentrale Szenen des Romans „Herr Lehmann“. Eine weitere Kneipe am Rio-Reiser-Platz nennt sich „Zum goldenen Hahn“ und wird in zwei Büchern von Bernd Kramer erwähnt.

Die erste Debatte über die Umbenennung des Platzes stieß die Partei Die PARTEI 2017 in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Friedrichshain-Kreuzberg an. Ihr Antrag, den Platz in Arbeitsplatz umzubenennen, wurde jedoch abgelehnt. Im Jahr 2018 gab es eine schriftliche Befragung und im November 2019 eine Beteiligungsveranstaltung für die Anwohner, bei der die Mehrheit für eine Umbenennung nach dem Sänger Rio Reiser stimmte. Von einigen Anwohnern wurden hohe Kosten kritisiert und auch, dass der Namenspatron wieder männlich war.

Eigentlich hatte sich der Bezirk das Ziel gesetzt, eher Frauen bei Umbenennungen zu ehren, da nur 10 % der Straßen und Plätze in Berlin weibliche Namen tragen.  Der Bezirk gab als Begründung zur Wahl von Rio Reiser seine Homosexualität an, da die Präsenz von LGBTQ-Personen ebenfalls sehr gering ist.

Am 27. November 2019 beschloss die Bezirksverordnetenversammlung zu Ehren des bekannten Künstlers eine Umbenennung in Rio-Reiser Platz.  Eigentlich sollte diese schon zur Feier seines 70. Geburtstags im September 2020 erfolgen, doch dies verhinderte die Corona-Pandemie. Der nächste Termin war der 12. Juni 2021, doch auch das wurde verhindert. Diesmal waren es die Anwohner, die Einsprüche erhoben. Diese Angelegenheit musste juristisch geklärt werden. Am 21. August 2022 war es dann schließlich so weit. Der Platz wurde im Rahmen eines Festes, bei dem auch ehemalige Bandkollegen Lieder spielten, umbenannt.

Bis auf das Haus Oranienstraße 195 stehen die Mietshäuser um den Rio-Reiser-Platz und der Kiosk unter Denkmalschutz.

Fotos und Text: Martin Volynskiy