RAW – Industriegeschichte und interkulturelle Projekte in Friedrichshain

Die Reichsbahnausbesserungswerkstatt im Einzugsbereich der Warschauer Straße ist der älteste Betrieb in Friedrichshain. Die Hauptgebäude dieser Werkstatt liegen dabei an der Revaler Straße, lediglich die westliche Begrenzung des Grundstücks reicht an die Warschauer Straße.

Gegründet wurde der Betrieb am 1. Oktober 1867 als „Königlich-Preußische Eisenbahnhauptwerkstatt Berlin II“. Die Werkstatt gehörte zur Preußischen Ostbahn, die damals bis nach Königsberg/Ostpreußen und an die russische Grenze führte und deren Berliner Endpunkt der alte Ostbahnhof oder auch Küstriner Bahnhof (entspricht nicht dem heute existierenden Berliner Ostbahnhof) war, der ebenfalls im Jahr 1867 am Küstriner Platz, dem heutigen Franz-Mehring-Platz eröffnet wurde.

Der Betrieb diente der Wartung und Instandsetzung von Lokomotiven sowie Wagen zum Transport von Personen und Gütern. Die Anzahl der hier angestellten Arbeiter erreichte bereits nach wenigen Jahren 600 Personen und der Betrieb wurde entsprechend ausgebaut. Ein weiterer Ausbau erfolgte 1882 nach Eröffnung der Stadtbahn Berlin, die Beschäftigtenzahl stieg auf 1200 Angestellte.

In den Jahren des 1. Weltkrieges zwischen 1914 bis 1918 wurden die Wagons auch kriegsmäßig umgerüstet. Das Werk erhielt den Namen „ Königlich Preußische Hauptwerkstatt II“. Da zu dieser Zeit mehr Männer an der Front benötigt wurden, arbeiteten vorwiegend zwangverpflichtete Arbeiter aus den besetzten Gebieten in dem Werk. 1918 wurde der Betrieb zum „Reichsbahnausbesserungswerk“ (RAW).

Im Februar 1944 wurden während eines Luftangriffes der Alliierten 80 Prozent der Werksanlagen zerstört. Nach den Kämpfen um Berlin im April / Mai 1945 besetzten sowjetische Truppen das RAW und übernahmen die Werksleitung. Der dort eingesetzte deutsche Werksleiter begann die Aufräum- und Produktionsarbeiten mit einer Belegschaft von 1380 Mann.

1967 erhielt das Werk zum 100-jährigen Jubiläum den Namen des im nationalsozialistischen Deutschland ermordeten bayrischen Kommunisten Franz Stenzer und wurde so zum RAW „Franz Stenzer“. Ende 1989 beendete die Betriebspateiorganisation im RAW ihre Tätigkeit.

Am 31. Oktober 1991 wurde die schrittweise Stilllegung des Werks aufgrund der „gestiegenen Reparatur- und Wartungskapazitäten im wiedervereinigten Deutschland“ bis 1995 verkündet und durchgeführt. Auf einer Fläche von 7 Hektar dient das heutige RAW-Areal meist der Kreativ- und Eventnutzung durch Künstler und freie Träger, die hier Raum für sozio-kulturelle Projekte finden. Wie der RAW-Tempel e.V., ein Zusammenschluss von Kreativen und BürgerInnen, wo sich individuelle Selbstverwirklichung und solidarisches Handeln miteinander verbinden.

Am alten Standort des RAW gibt es noch Werkstätten für Schlosser, Tischler und auch Kleinkunstgewerke. Akrobaten nutzen eine Halle, Skater- und Kletterprojekte haben sich etabliert. Es gibt Musikproberäume, Clubs, eine japanische Kampfsportschule, Theatergruppen und natürlich auch Jugendprojekte. In einem nächsten Beitrag stellen wir Ihnen einzelne Projekte, die sich auf dem RAW-Areal angesiedelt haben, vor.

Weiterer Beitrag

Quelle: Eigenbericht / Wikipedia