Permakultur

„Das ist so bedeutungslos, wie wenn ein Sack Reis in China umfällt“. Diesen oder einen ähnlichen Satz haben wir alle schon einmal gehört. Auf den ersten Blick mag er sinnvoll erscheinen, aber ist es wirklich so?

Seitdem der Mensch in der sogenannten neolithischen Revolution anfing, sich aus dem System Natur herauszulösen (macht Euch die Erde Untertan) und starrköpfig versucht, mittels hochtechnologischer Entwicklungen die Kontrolle zu übernehmen, läuft vieles schief im Paradies. Seit einigen Jahrhunderten ist unser wissenschaftlicher Forschungsansatz reduktionistisch (ein System lässt allein sich aus den darin enthaltenen Teilen und deren Beziehungen untereinander erklären).

Ein gegenteiliger Ansatz, weitgreifender als sein Name es vermuten lässt, ist die Permakultur (permanent agriculture; von den Australiern Bill Mollison und David Holmgren in den 1970er Jahren eingeführter Begriff).

Permakultur ist nicht die praktische Umsetzung einer einheitlichen Philosophie, sondern es handelt sich vielmehr um ein Konzept bzw. Methodik, die der Natur abgeschaut und dessen immens wichtige weltanschauliche Basis vom Holismus gebildet wird, d. h. alles in einem System ist miteinander verbunden und somit ist das Ganze mehr als die Summe seiner Bestandteile (Systeme beeinflussen auch andere, nicht direkt miteinander verbundene Systeme). Zur Veranschaulichung: Der Planet Erde ist ein System, das viele kleinere Systeme (z. B. Wind, Wasser, Pflanzen, Tiere, etc.) enthält, die wiederum Systeme (bei Wasser, z. B. Salz- und Süßwasser) enthalten, und so weiter. Holistische Grundauffassungen finden sich schon in früheren Epochen, wie bei Jäger- und Sammlergesellschaften oder etwa in den Schriften der Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Aristoteles, etc. Der Begriff Holismus geht auf den südafrikanischen Staatsmann, Soldaten und Philosophen Jan Christiaan Smuts zurück. Des Weiteren ist die Permakultur auch von den Forschungsbereichen Systemtheorie und komplexe Systeme grundlegend beeinflusst.

Stützpfeiler der Permakultur sind Beobachtungen und Erfahrungen, d. h. nicht alles läuft immer so, wie man es sich vorgestellt hat, Fehlschläge sind sozusagen eingebaut. Es gilt diese zu minimieren, z. B. durch Austausch mit anderen Adepten, wobei diese nicht unbedingt den gleichen Fokus haben müssen.

Obwohl es im Verlauf des 20. Jahrhunderts in einigen Teilbereichen dokumentierte Vorläufer gegeben hat (z. B. Ruth Stout), gibt es vier Ikonen der Permakulturbewegung:

die beiden Australier Bill Mollison (der Organisator) und David Holmgren (der praktische Denker), der Österreicher Sepp Holzer (der Rebell) und der Japaner Masanobu Fukuoka († 2008; der Philosoph).

Es wurden über die Jahre Rahmenbedingungen aus Grundsätzen und Prinzipien entwickelt.

Die drei ethische Grundsätze sind

1. Sorge für den Planeten Erde

2. Sorge für die Menschen

3. Begrenze Konsum und Wachstum

Den dritten Grundsatz anzunehmen, bereitet den Menschen in vielen unserer heutigen Gesellschaften größte Schwierigkeiten. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man sich den in der heutigen Zeit in vielen Gesellschaften vorherrschenden, geradezu zwanghaften Konsum und die oft einhergehenden Auswirkungen von Gedankenlosigkeit bei Methoden und Produkten vor Augen führt.

Da die Methodik sich zunächst an dem komplexen System der Natur orientiert, haben sich zwölf Prinzipien herausgebildet:

1.   Beobachten und Interagieren

2.   Energie sammeln und speichern

3.   Nachhaltige Erträge erzielen

4.   Selbstregulation verstehen und nutzen

5.   Nachwachsende Rohstoffe einsetzen

6.   Erzeuge keinen Abfall

7.   Entwerfe vom Muster zum Detail

8.   Einbeziehen statt ausgrenzen

9.   Verwende angepasste Technologien

10. Nutze und schätze die Vielfalt

11. Erkenne das Potential von Randzonen

12. Gehe kreativ mit Veränderung um

Die vorgenannten Prinzipien lassen sich aber durchaus auf viele andere Bereiche anwenden, so z. B. in Architektur und Stadtplanung, Management, Sozialbeziehung, etc.

Permakultur hat mittlerweile, soweit es sich auf Land- und Gartenwirtschaft bezieht, in Australien und anderen angelsächsischen Ländern schon sehr viele Anhänger und auch in Deutschland findet es immer größere Ausbreitung. Obwohl so getan wird, als sei es etwas Neues, ist die Wiederkehr eines holistischen Ansatzes in Form der Permakultur ein erster Schritt zu einem Paradigmenwechsel in unserer Weltsicht und könnte der Menschheit sehr zum Vorteil gereichen.

Angesichts der vielen Ernteausfälle, der teils massiven, teilweise auch vom Menschen zu verantwortenden überregionalen und regionalen (z. B. Verstädterung) klimatischen Veränderungen und der mannigfachen sozialen Problemen, sollte man sich fragen: wo ist noch einmal der Sack Reis umgefallen?