Kino statt Käse – Tilsiter Lichtspiele

Serie Kiezkinos – 4.
Friedrichshain-Kreuzberg hat die größte Dichte sogenannter „Kiezkinos“ europaweit. Wir stellen sie Ihnen einzeln vor.

Nordwestlich des Frankfurter Tores in der Richard-Sorge-Straße im Erdgeschoss eines Altberliner Wohnhauses gelegen und 1908 gegründet, sind die Tilsiter Lichtspiele nach dem Moviemento in Kreuzberg das zweitälteste Kino der Stadt.
Sie erlebten über alle Zeiten und Kriege hinweg das Schicksal eines klassischen Vorstadtkinos.

1961 wurde das Kino geschlossen und während der gesamten „Mauerzeit“ anderweitig genutzt. 1994 wurde es von einem äußerst engagierten Kollektiv junger Künstler, von denen heute noch viele im Team zu finden sind, wiedereröffnet. Darüber hinaus entstand die Idee, neben dem Kino eine Gaststätte zu betreiben. Hierzu wurde der alte Kinosaal in zwei Bereiche aufgeteilt – vorne die Gaststätte, hinten das Kino. Diese Idee erwies sich als ein äußerst erfolgreiches Konzept, da die Kneipe über lange Jahre hinweg im Nordwest-Kiez fast eine Monopolstellung innehatte und dementsprechend viel Publikum anzog. 2015 kam dann noch ein zweiter, kleinerer Kinosaal hinzu.

Viele fragen sich natürlich, woher der Name des Kinos kommt und warum es nach einem Käse benannt wurde. Die Antwort ist einfach: Der Name der Spielstätte leitet sich von dem Straßennamen ab, denn als diese 1908 gegründet wurde, hieß die Straße noch Tilsiter Straße. Erst 1969 wurde sie in Richard-Sorge-Straße umbenannt. Nach dem Hobrecht-Plan erhielt der Nord-Süd-Verkehrsweg zunächst die Bezeichnung Straße 41. Ab März 1883 hieß die Straße dann Tilsiter Straße, benannt nach der Stadt Tilsit (1946 Umbenennung in Sowjetsk, liegt heute im russischen Kaliningrader Gebiet an der Grenze zu Litauen).

In Tilsit wurden im Juli 1807 Friedensverträge beschlossen, die den Vierten Koalitionskrieg (1806 – 1807, Frankreich gegen Russland und Preußen) endgültig beendeten. Diesen Abkommen ging die russisch-preußische Niederlage gegen Napoleons Truppen am 14. Juli 1807 bei Friedland voraus. Mit diesem Friedensschluss verabschiedete sich Preußen vorerst aus der Reihe der europäischen Großmächte.

In der Gegend um Tilsit hat der Tilsiter Käse seinen Ursprung.

Es geht auch die Geschichte rum, dass nach der Schließung des Kinos im Jahr 1961 ein kinobegeisterter sowjetischer Offizier die Kinomaschinen abgebaut hat und nach Sowjetsk brachte, um dort ein Kino aufzubauen.

Das Programm wird in erster Linie vom aktuellen Arthouse-Angebot, Dokumentarfilmen aus Europa, Amerika und Asien sowie Filmklassikern bestimmt. Dabei bilden deutsche Filme und Dokumentarfilme die beiden Schwerpunkte. Literarische Lesungen, Konzerte und andere Kulturveranstaltungen ergänzen das Angebot der Tilsiter Lichtspiele.

2011 eröffnete das Tilsiter-Team das Zukunft am Ostkreuz, ein Kunst- und Kulturzentrum, in der Nähe des Bahnhofs Ostkreuz. Als Teil des Zentrums nahm 2012 das Kino Zukunft seinen Betrieb auf – doch dazu später mehr.

Tilsiter Lichtspiele, Richard-Sorge-Str. 25A, Berlin-Friedrichshain
2 Säle: 66 und 26 Plätze

Internet: www.tilsiter-lichtspiele.de