In der Berlinischen Galerie, dem Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, findet bis zum 16. Juni 2025 die Ausstellung
„Käthe Kruse. Jetzt ist alles gut“ statt.
Käthe Kruse im Atelier, Künstlerhaus Bethanien, 1985,
Foto: Joachim Blank/ VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Mit der Ausstellung würdigt die Berlinische Galerie in ihrem Jubiläumsjahr Kruses bemerkenswertes Schaffen von den 1980er Jahren bis heute. Es ist die erste umfassende institutionelle Retrospektive in Berlin. Die rund 50 Arbeiten – darunter raumgreifende Installationen – geben Einblick in ihr vielfältiges Œuvre. Die Ausstellung zeigt Malerei, Objektkunst, Videos, Fotografie, Soundarbeiten und Performances.
Die Ausstellung zeigt Malerei, Objektkunst, Videos, Fotografie, Soundarbeiten und Performances. Sie präsentiert Kruses Werk nicht in chronologischer Reihenfolge, sondern stellt zwischen den ausgestellten Werken Arbeiten thematische Bezüge her. Dies entspricht Kruses künstlerischer Praxis, die besonders durch das Mittel der Transformation geprägt ist. Neben Alltagsgegenständen verändert Kruse auch bereits vollendete Werke und stellt diese in ganz neue inhaltliche Zusammenhänge. Ihr Werk ist dadurch immer im Wandel.
Ausstellungsansicht „Käthe Kruse. Jetzt ist alles gut“, Berlinische Galerie, © Foto: Harry Schnitger
Die Künstlerin Käthe Kruse (*1958) ist seit den frühen 1980er Jahren fest in der Berliner Kunstszene verankert. Als Mitglied der berühmten Westberliner Musik- und Künstler*innengruppe Die Tödliche Doris arbeitete sie von 1982 bis 1987 im Grenzbereich zwischen Performance, Musik, Text, Malerei und Film. Auch in ihren Solo-Projekten behält Kruse das genreübergreifende Arbeiten und den bewussten Dilettantismus bei. Bis heute entwickelt sie raumgreifende Installationen, die unterschiedliche Medien und Ausdrucksformen miteinander verbinden. Ausgangspunkt sind häufig Alltagsgegenstände, die sie materiell verändert und ihnen damit neue Bedeutungen zuschreibt. Kruses Werke sind oft eng mit ihren persönlichen Erfahrungen verbunden, beziehen sich aber auch auf gesamtgesellschaftliche Probleme und Themen wie häusliche Gewalt, Abtreibung oder Krieg.
Ausstellungsansicht „Käthe Kruse. Jetzt ist alles gut“, Berlinische Galerie, © Foto: Harry Schnitger
Den Auftakt der Ausstellung bildet die großformatige Installation „Die Tödliche Doris auf Tapete“ (2025). Kruse bespielt dafür eine 35 Meter lange Wand mit einer Vielzahl von bunt gemusterten Tapeten, auf denen sie Werke von Die Tödliche Doris, wie Gemälde, Kissen, Lampen, aber auch Kostüme, sowie ihre erste eigenständige Arbeit „Der geregelte Zustand“ (1986) anordnet. Kruse war von 1982 bis 1987 Mitglied von Die Tödliche Doris und ihre künstlerische Praxis ist bis heute durch diese Zeit geprägt. Die dekorativen Tapeten sind ein Verweis auf die Gruppe, die diese bei ihren Auftritten als Hintergrund nutzte oder einfach auf die Bühne warf. Kruse geht es in „Die Tödliche Doris auf Tapete“ vor allem um einen unverkrampften, nichtmusealisierten Umgang mit der eigenen Vergangenheit. Statt sie als verstaubte Reliquien zu präsentieren, überführt sie die Werke von Die Tödliche Doris in ein neues Kunstwerk.
Ausstellungsansicht „Käthe Kruse. Jetzt ist alles gut“, Berlinische Galerie, © Foto: Harry Schnitger
Im ersten Raum der Ausstellung steht ebenfalls die Auseinandersetzung mit Die Tödliche Doris im Zentrum. Mitschnitte von Performances und Konzerten der Gruppe werden Kruses Videoarbeit „Der Vertrag“ (2013) gegenübergestellt. Zu sehen ist die Künstlerin, wie sie nackt an einem Tisch sitzt und den Vertrag liest, den die Mitglieder von Die Tödliche Doris einige Jahre nach Auflösung der Gruppe miteinander geschlossen haben. Für Kruse ist diese Arbeit eine wichtige Auseinandersetzung mit den eigenen künstlerischen Anfängen. Auch als Solo-Künstlerin arbeitet Kruse streng konzeptuell und zugleich experimentierfreudig. Das wird auch in ihren, auf einem persönlichen Farbsystem beruhenden, Jahresfarbenstreifenbildern deutlich, die sie über Jahre hinweg anfertigt.
Käthe Kruse, In Leder, 2023, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: Christine Fenzl
Bereits in frühen Arbeiten zeigt Kruse ein besonderes Interesse an strengen Konzepten. Das Thema Ordnung kehrt immer wieder und liegt vielen ihrer Werke zugrunde. In „48 Farben“ (2021–2022) verarbeitet sie die 48 Standardfarben eines Polyestergarns, indem sie es mit der Nähmaschine Reihe um Reihe auf DIN-A4-Blätter näht. Kruse nimmt bei dieser und anderen Arbeiten gewisse Unebenheiten und Imperfektion in Kauf. Anders als viele anderen Konzeptkünstler*innen geht es ihr nicht um eine perfekte Ausführung oder das Unsichtbarmachen der Herstellung. Kleine Fehler zeigen vielmehr die Herausforderungen des langwierigen Arbeitsprozesses.
Käthe Kruse, In Leder, 2013, © VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: Jens Ziehe
Musik spielt in Kruses künstlerischem Schaffen eine zentrale Rolle. Während ihrer Zeit mit Die Tödliche Doris spielte sie Schlagzeug und sang. Die enge Verbindung von Musik, Performance und Objektkunst hat die Künstlerin bis heute beibehalten. Viele ihrer Installationen werden durch Musikstücke oder gesprochene Texte ergänzt. Performances, in denen sie singt oder ihr Sprechen musikalisch begleitet wird, sind elementarer Teil ihrer Arbeit. Höhepunkt im zentralen Raum der Ausstellung ist die Installation „In Leder“ (2023), die neben Kruses Schlagzeug aus ihrer Zeit mit Die Tödliche Doris auch alle weiteren Instrumente der Gruppe in Leder eingeschlagen zeigt.
Seit Beginn sind Live-Auftritte Teil von Käthe Kruses künstlerischem Schaffen. Diesen wichtigen Aspekt würdigt die Ausstellung. Käthe Kruse bespielt mit befreundeten Musiker*innen erstmalig alle mit Leder bezogenen Instrumente von Die Tödliche Doris in der Performance „Konzert in Leder“ (10.4.). Außerdem können Besucher*innen an zwei Terminen die bereits bekannten Arbeiten „3927 Wörter“ (8.5.) und „Krieg“ (22.5.) erleben.
Ausstellungsansicht „Käthe Kruse. Jetzt ist alles gut“, Berlinische Galerie, © Foto: Harry Schnitger
Im letzten Raum der Ausstellung beschäftigt sich Käthe Kruse mit der Frage „Wie geht es dir jetzt“ und der Antwort „Jetzt ist alles gut“. Den Text setzt die Künstlerin mittels verschiedener Materialien wie Holz, Papier und Ölfarbe ins Bild. Ihren Ursprung haben beide Sätze im vierten und sechsten Album („Unser Debut“ und „Sechs“) von Die Tödliche Doris. Als Titel der Ausstellung steht „Jetzt ist alles gut“ für Käthe Kruses positiven Blick auf ihr bisheriges Werk.
Über die Künstlerin
1981 zog Käthe Kruse aus dem nordrhein-westfälischen Bünde, wo sie geboren und aufgewachsen ist, nach Berlin-Kreuzberg in das besetzte Haus in der Manteuffelstraße 40/41. Ein Jahr später lernte sie Wolfgang Müller und Nikolaus Utermöhlen von Die Tödliche Doris kennen. Von 1982 bis 1987 war sie Mitglied und Schlagzeugerin der Gruppe. Kruse studierte von 1990 bis 1996 Visuelle Kommunikation an der Hochschule der Künste (heute UdK) in Berlin. Sie war Meisterschülerin bei Heinz Emigholz und erhielt 1997 das Stipendium Nachwuchsförderung. 2004 erhielt sie das Arbeitsstipendium der Stiftung Kulturfonds, Berlin und 2008 das Arbeitsstipendium Bildende Kunst der Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten Berlin. 2021 wurde sie mit dem Peter Jacobi Werk Preis für Kunst und Design in Pforzheim ausgezeichnet. Von 2020 bis 2023 erhielt sie das Stipendium NEUSTART KULTUR der Stiftung Kunstfonds in Bonn. Seit 2023 ist sie Präsidentin des Internationalen Künstlergremiums (IKG).
Berlinische Galerie
Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124 – 128
10969 Berlin
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Montag: 10:00 – 18:00 Uhr
Internet: www.berlinischegalerie.de