Die Passionskirche

Die Passionskirche ist eine der wenigen (fast) vollständig erhaltenen neohistoristischen Großkirchen in Berlin. Entworfen wurde sie von 1905 bis 1907 von dem Baustadtrat und Architekten Theodor Astfalck.

Sowohl in ihrer architektonischen Gestaltung als auch in der Gemeindegeschichte ist sie Dokument für das Bündnis von Altar und Thron unter Kaiser Wilhelm II und seiner Frau Kaiserin Auguste Victoria. Der Mosaikgiebel über dem Rundbogenportal des Haupteingangs trägt als Inschrift die ersten zwei Zeilen von Martin Luthers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott, Ein gute Wehr und Waffen“ – nicht zufällig, denn der Bau sollte den Willen des Kaiserreichs widerspiegeln und als Trutzburg gegen sozialistische und atheistische Tendenzen in der Bevölkerung stehen.

Die Gedrungenheit des Baus und die heute sichtbare Inneneinrichtung entsprachen nicht ganz der Intention des Architekten, der auf dem vorgegebenen nahezu quadratischen Baugrund eine neobyzantinische Kirche errichten wollte. Astfalck musste seine Vorstellung erstens auf Anweisung Wilhelms II beschneiden (Außenbau) und zweitens – und das war tiefgreifender – aufgrund von ausgehenden finanziellen Mitteln (der sumpfige Baugrund am Rand der Tempelhofer Berge hatte einen weitaus größeren Teil des Budjets verschlungen als vorgesehen). Auch Spenden gingen in geringerer Zahl ein als erwartet und erhofft. So konnte vieles nicht ausgeführt, manches erst Jahre später hinzugefügt werden. Ergebnis sind eine Unfertigkeit in der Ausführung (außen und innen) und im Innenraum einige Stilbrüche. Besonders deutlich sind diese bei Figuren der vier Evangelisten, die erst 1927 und in einfacher Ausführung hinzugefügt werden konnten.

Vom Architekten beabsichtigt war eine weitgehende Vergoldung des Innenraums: Belegung der Gewölberippen und der stukkativen Elemente der Säulen und Kapitelle mit Blattgold (ausgeführt nur im Altarbereich) mit ultramarinblauer Hintermalung (dies auch an der Fassade). Vorgesehen war auch die Ausmalung der Kirche nach Vorlagen aus dem Braunschweiger Dom. An den Stellen, die mit Malerei ausgeschmückt werden sollten, ist heute der bloße Beton zu sehen. Dies trifft auch auf die Außenfassade zu. Hier sollten die heute als grauer Beton sichtbaren Strukturelemente analog zu den Giebeln mit Mosaiken ausgeschmückt werden. Insgesamt war die Passionskirche sehr bunt geplant: So ist sie ein seltenes – wenn auch unfertiges – Monument eines evangelischen Baus im Stil eines mit Jugendstilelementen durchsetzten Neobyzantinismus.