Das Baumhaus an der Mauer


Im Jahr 1980 bezog der gebürtige Anatolier, Osman Kalin, eine Wohnung auf dem Bethaniendamm mit einem Mauerblick. 1983 langweilte sich dann der frischgebackene Rentner so sehr, dass er anfing vor seinem Haus ein kleines Stück Land, das im Schatten der Mauer lag, von Schutt, Schrott und Müll zu befreien.

Den von ihm bearbeiteten Boden begann er zu bepflanzen. Auch Gemüse und Obstbäume gehörten dazu. Dann kam ein Zaun drum herum und er baute eine Holzhütte darauf und fertig war die eigene Schrebergärtner-Kolonie.

Schon bald standen aber die Grenzsoldaten der DDR vor seiner Tür und gaben zu verstehen, dass dies DDR-Gelände sei! Nach einigen Streitereien schlossen sie einen Kompromiss und er durfte bleiben. Allerdings unter den Bedingungen, dass er sein Baumhaus nicht aufstocken und die Mauer nicht als Rankhilfe missbrauchen darf!

Schon stand er aber vor dem nächsten Problem – woher das benötigte Wasser nehmen? Einen Brunnen durfte er nicht graben und das Wasser unter dem Straßenpflaster gehörte dem Wasserwerk, wie ihm unmissverständlich klar gemacht wurde. Zur Hilfe kam und kommt bis heute der Pfarrer der St. Thomas-Gemeinde, eine der schönsten (freistehenden) Kirchen Berlins, gleich auf der anderen Straßenseite.

Das an der nahe gelegenen Grenze befindliche Grundstück lag inmitten der wiedervereinigten Hauptstadt, als die Berliner Mauer fiel. Osman Kalin hat ein lebenslanges Nutzungsrecht und genießt es, sein eigenes kleines grünes Reich mitten im Tumult der Stadt zu haben.

Das Baumhaus an der Mauer ist wahrlich eine sehenswerte Besonderheit in Berlin. Touristengruppen kommen, fotografieren und schauen. Für Interviews und am Tag der offenen Tür werden für Besichtigungen Eintrittspreise verlangt.
Ein schönes Beispiel dafür, dass in Berlin alles möglich ist – BERLIN IST EINFACH ANDERS!

Text und Fotos: Melanie Kleiner