Berlinische Galerie: Novembergruppe – Hannah Höch


Ausstellungsplakat, Hannah Höch, Der Zaun, 1928, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Gestaltung: Bureau Mario Lombardo, Pressebild, Berlinische Galerie

In der Ausstellung FREIHEIT – Die Kunst der Novembergruppe 1918–1935, die von der Berlinischen Galerie noch bis zum 11. März 2019 gezeigt wird, ist Hannah Höch gleich mit drei Werken vertreten: „Die Journalisten“ (1925), „Kubus“ (1926) und „Der Zaun“ (1928).

Hannah, eigentlich Anna Therese Johanne, Höch wurde am 1. November 1889 in Gotha geboren. Sie starb am 31. Mai 1978 mit 88 Jahren in ihrem Haus in Berlin-Heiligensee.

1912 kam Hannah Höch nach Berlin und begann zunächst ein Studium an der Kunstgewerbeschule in Berlin-Charlottenburg bei Harold Bengen, dem Leiter der Klasse für Glasgestaltung. Im gleichen Jahr besuchte sie die Futurismus-Ausstellung bei Herwarth Walden in der Sturm-Galerie.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Kunstgewerbeschule geschlossen und Hannah Höch ging zurück nach Gotha. 1915 konnte sie ihr Studium an der Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums in der Grafiklasse von Emil Orlik fortsetzen. Sie begegnete in dieser Zeit dem aus Wien stammenden verheirateten Künstler Raoul Hausmann. In ihrer Klasse war auch Georg Ehrenfried Groß, der sich als Kriegsgegner ab 1916 George Grosz nannte.

Von 1916 bis 1922 unterhielt sie eine konfliktreiche persönliche und künstlerische Beziehung zu Raoul Hausmann (1886-1971).

Hannah Höch arbeitete von 1916 bis 1926 als Entwurfszeichnerin für Vignetten und Illustrationen beim Berliner Ullstein-Verlag.

1918 war Hannah Höch das einzige weibliche Gründungsmitglied des Berliner „Club Dada“. Sie beteiligte sich 1920 als einzige Frau an der „Ersten Internationalen Dada-Messe“ in Berlin mit abstrakten Aquarellen, Collagen, zwei Dada-Puppen und ihrer berühmten Collage „Schnitt mit dem Küchenmesser Dada durch die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche Deutschlands“.

Der Berlin-Dada brachte mit der Fotomontage auch eine neue Technik im Bereich der bildenden Kunst hervor. Die Berliner Dadaisten verarbeiteten erstmals ein völlig realistisches Foto mit anderen zu einem neuen Kunstwerk. Hannah Höch und Raoul Hausmann waren die Ersten, die die neue Technik verwendeten.

In der Ausstellung der Novembergruppe im Frühsommer 1925, die in der Berliner Sezession präsentiert wurde, waren auch „Die Journalisten“, klassisch von ihr in Öl auf Leinwand (86 x 101 cm) gemalt, aber nach dem Prinzip der Fotocollage gestaltet, zu sehen. Ein gemalter zweiter Rahmen erweckt den Eindruck einer Anzeigetafel und ein mit einer Stecknadel befestigter Zettel enthält den Titel „JouRNa-LiSTEN“.

Große Köpfe, sechs an der Zahl, mit Augen und Ohren, drei Körper dazu und ein Brustbild, scheinen männlichen Wesen zu gehören. Eine Figur trägt Damenschuhe, die Proportionen besonders der Sehorgane sind falsch, ein Auge ist erblindet und eines geschlossen.

In ihrem Werk karikierte Hannah Höch die Medienvertreter der Weimarer Zeit und folgte damit einer Tradition der DADA-Bewegung, die schon 1919 Journalisten und besonders Kunstkritiker negativ darstellte.

Ein Jahr später, 1926, malte George Grosz in seinem Bild „Stützen der Gesellschaft“, das ebenfalls in der jetzigen Ausstellung über die Novembergruppe in der Berlinischen Galerie zu sehen ist, einen bürgerlichen Journalisten mit einem umgedrehten Nachttopf auf dem Kopf.

George Grosz, Stützen der Gesellschaft, 1926, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, bpk / Nationalgalerie, SMB / Jörg P. Anders, Pressebild, Berlinische Galerie

Gerade Höchs „Journalisten“ bewirkten, dass die Nazis sie zur „Kulturbolschewistin“ stempelten und ihre Werke als „entartet“ einstuften.

In die Novembergruppe trat Hannah Höch 1919 ein, um an den Ausstellungen der Gruppe teilzunehmen. Sie lernte Kurt Schwitters kennen und freundete sich mit Otto Freundlich und anderen Künstlern an.

1921 unterzeichnete sie zusammen mit Otto Dix, George Grosz, Rudolf Schlichter, John Heartfield und ihrem Lebensgefährten Raoul Hausmann sowie anderen linken Künstlern im „Gegner“ einen offenen Brief, der sich gegen die „Verbürgerlichung“ der Novembergruppe wandte.

Hannah Höch blieb jedoch im Gegensatz zu den radikaleren KünstlerInnen in der Novembergruppe und beteiligte sich bis 1931 an fast allen Ausstellungen.

Ende 1922/Anfang 1923, nachdem Raoul Hausmann sie verlassen hatte, um nach der Scheidung von seiner Ehefrau eine andere Malerin zu heiraten, intensivierte Hannah Höch ihre persönlichen Freundschaften zu Kurt und Helma Schwitters, Theo und Nelly van Doesburg, Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp sowie László Moholy-Nagy und dessen Ehefrau Lucia Schulz.

1924 lernte sie Piet Mondrian kennen und nahm auch an der „Ersten Deutschen Allgemeinen Kunstausstellung“ in der damaligen Sowjetunion teil.

Hannah Höch, Kubus, 1926, Copyright: VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Repro: Kai-Annett Becker, Pressebild, Berlinische Galerie

Im Sommer 1926 begegnete Hannah Höch in Holland der Schriftstellerin Til Brugman und wurde deren Lebensgefährtin. Bis 1929 lebten sie zusammen in Holland.

1929 zog das gleichgeschlechtliche Paar nach Berlin in die Atelier-Wohnung von Hannah Höch in der Büsingstraße 16 in Berlin-Friedenau. In diesem Haus wohnte und arbeitete sie von 1917 bis 1933. Zeitweilig stelle Hannah Höch dieses Atelier auch anderen KünstlerInnen zur Verfügung.

Hannah Höch hatte 1934 zwei Einzelausstellungen in Brünn und Den Haag, wo 42 ihrer Fotomontagen gezeigt wurden.

1935 erfolgte die Trennung von Til Brugmann. Im gleichen Jahr entstand ihr Bild „Der Sturm“, in dem sie sich mit der Judenverfolgung und der zunehmenden Repression durch das NS-Regime auseinander setzte.

Von 1938 bis 1944 war sie mit dem Volkswirt und Pianisten Dr. Kurt Matthies verheiratet. Das Paar unternahm viele Reisen mit dem PKW von Matthies und bestieg gemeinsam in der Nacht den Vesuv in Italien. Sie hat auch zu ihrem Mann gestanden, als dieser wegen verbotener sexueller Handlungen inhaftiert wurde.

Hannah Höch zog sich 1939 mit ihrem Mann auf das durch eine Erbschaft finanzierte Grundstück in Heiligensee zurück. Sie versteckte ihre eigenen Werke sowie die von befreundeten Künstlern im Haus und im Garten, der nun zu ihrem neuen Kunstobjekt wurde.

Der Garten ihres Hauses An der Wildbahn 33 entwickelte sich zu einem wichtigen Teil ihres künstlerischen Lebenswerkes. Ihren Garten hat Hannah Höch auf zahlreichen Bildern und Collagen gemalt, nachgestaltet und zeichnerisch festgehalten.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Hannah Höch eine der Ersten, die aktiv das künstlerische Leben Berlins gestalteten und dazu beitrugen, die Kunst in Deutschland wieder aufzurichten. Das Ende der Nazi-Herrschaft bedeutete für Hannah Höch auch die Rückkehr in die internationale Künstlerszene.


Hannah Höch, Der Zaun, 1928, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, Pressebild, Berlinische Galerie

Mit ihren Werken erlangte sie Ruhm. Sie wurde wieder ausgestellt, so 1948 im Museum of Modern Art in New York oder 1958 in der Kunsthalle Düsseldorf. In Paris wurde der Künstlerin 1973 eine große Retrospektive gewidmet, die auch in Berlin zu sehen war.

1965 wurde Hannah Höch an die Westberliner Akademie der Künste berufen. Der Westberliner Senat verlieh ihr 1976 eine Ehrenprofessur.

Seit 1996 zeichnet das Land Berlin bildende KünstlerInnen für ihr hervorragendes künstlerisches Lebenswerk mit dem Hannah-Höch-Preis, der mit 60.000 Euro dotiert ist, aus.

Hannah Höch schuf in den fünfziger und sechziger Jahren neben abstrakten Bildern eine Folge heute hochgeschätzter Farbcollagen, in denen die Wirklichkeit ironisch-fantastisch verwandelt erscheint. Hannah Höch blieb nicht für den Rest ihres Lebens Dadaistin. Schon Mitte der 20er Jahre des letzen Jahrhunderts hatte sie sich mit neuen Stilen und Gestaltungstechniken auseinander gesetzt.

Zu ihren vielen Werken zählten neben den Collagen und Montagen auch Portraits, Landschaften, gegenständlich-surreale Pflanzenbilder und abstrakte Arbeiten in allen ihr zur Verfügung stehenden Techniken.

Hannah Höch schrieb ihre Erlebnisse und Eindrücke immer in kleinen Heften nieder.

Ihr gesamtes Schaffen kommentierte sie später mit den Worten: „Ich habe alles gemacht und mich um Handschrift und Merkmal nie gekümmert.“

Berlinische Galerie
Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124 – 128
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Internet: www.berlinischegalerie.de