Berlinische Galerie: Lotte Laserstein

Lotte Laserstein, Russisches Mädchen mit Puderdose, 1928, Städel Museum, Frankfurt am Main, Foto: Städel Museum- ARTOTHEK © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Die Berlinische Galerie, das Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, in der Kreuzberger Alten Jakobstraße 124-128 zeigt vom 04. April 2019 bis zum 12. August 2019 die Ausstellung „Lotte Laserstein – Von Angesicht zu Angesicht“. Die Berliner Malerin Lotte Laserstein (1898–1993) ist eine der sensibelsten Porträtistinnen der frühen Moderne zwischen Tradition und Innovation. Bereits als 30-jährige war sie eine berühmte und erfolgreiche Künstlerin.

Die Wiederkehr des modernen Realismus
Wiederentdeckungen – von Künstler*innen, deren Karrieren in den Wirren des 20. Jahrhunderts, einer Epoche der Extreme, oft brutal beendet wurden, sind eine interessante Sache, besonders in einer Zeit der Wiederkehr des Realismus. Zurecht war jahrzehntelang die Abkehr von feudaler Repräsentation, konventionellen Schönheitsbegriffen und klassischem Realismus legitim. Die Kunst einer neuen Gesellschaftsordnung wollte und brauchte Experimente und neue Sichtweisen. Nun entdeckt die Kunstwelt, dass der Kontrast von Form und Formlosigkeit, von Gegenständlichkeit und konzeptioneller Symbolik die Wahrnehmung wieder erweitern und bereichern kann.

Lotte Laserstein, Abend über Potsdam, 1930, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, erworben mit Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland, der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kulturstiftung und anderer, Bild: bpk/ Nationalgalerie, SMB/ Roman März © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Menschenbilder, Intimität, Sinnlichkeit
Lotte Laserstein hatte das Talent, zwei Universen zu verbinden. Sie spielte mit Zitaten aus der Kunstgeschichte ebenso wie mit der Flächigkeit und dem Pinselstrich des Spätimpressionismus. Ihr Lebenswerk wird dominiert von Menschenbildern, von Intimität, Wärme und Sinnlichkeit. Sie idealisierte ihre Modelle nie, sie gab ihnen Würde und intensive Präsenz, bekleidet oder nackt. Laserstein war eine sanft-gefühlvolle Chronistin der 1920er und 30er Jahre: Sie malte Frauen und Männer der neuen Zeit und aller Klassen in ihrer ganzen Natürlichkeit.

Lotte Laserstein, In meinem Atelier, 1928, Privatbesitz, Bild: Lotte-Laserstein-Archiv/ Krausse, Berlin © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Sie setzte sich bildnerisch über damals normative Vorstellungen von Geschlechterrollen hinweg. Das Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur präsentiert 58 Werke, darunter 48 Gemälde, 9 Zeichnungen und Dokumente Lasersteins aus ihrer Berliner Erfolgsperiode und ihren schwedischen Exiljahren. Die vom Frankfurter Städel Museum organisierte und bis zum 17.März dort gezeigte Ausstellung „Von Angesicht zu Angesicht“ wird von der Berlinischen Galerie übernommen. In Berlin wird das Werk Lasersteins mit Porträts, Landschaftsbildern, Spätwerken und Bildern aus ihrem künstlerischen Umfeld der 1920/30er Jahre erweitert. Vergleiche mit Konrad Felixmüller, GeorgeGrosz, Max Liebermann, Christian Schad u.a. demonstrieren deutlich die Besonderheit und Originalität des Laserstein-Realismus.

Die Biografie der Malerin
Lotte Laserstein wurde 1898 als Tochter eines protestantischen Apothekers mit jüdischen Wurzeln im damaligen Ostpreußen, geboren. Nach dem Tod des Vaters
zog die Mutter mit ihren beiden Töchtern Lotte und Käte zur großbürgerlichen und ebenfalls verwitweten Großmutter nach Danzig. 1912 ging die Familie nach Berlin. Nach dem Abitur begann Lotte 1921 mit dem Studium an der Berliner Akademischen Hochschule. Die Weimarer Republik erlaubte Frauen endlich an staatlichen Kunstschulen zu studieren. Ihr Lehrer hieß Erich Wolfsfeld, eines ihrer Idole war der Naturalist Wilhelm Leibl.

Traute [Gertrud] Rose, geb. Süssenbach Ohne Titel (Porträtaufnahme Lotte Lasersteins), 1934, © Autorin, Repro: Anja Elisabeth Witte

1927 beendete Lotte Laserstein als schon mehrfach ausgezeichnete Meisterschülerin das Studium. Mit der Teilnahme an ca.22 Gruppenausstellungen und Wettbewerben erlebte Laserstein in kurzer Zeit einen glanzvollen Aufstieg in der Kunstwelt. 1928 kaufte die Stadt Berlin ein erstes Gemälde von ihr an. Obwohl sich in ihren Bildern Anklänge an die damals populäre Neue Sachlichkeit finden, war ihr Malstil weder objektivierend unterkühlt noch gesellschaftskritisch überzeichnet. 1931 hatte sie ihre erste Einzelausstellung in der Berliner Galerie Fritz Gurlitts.

Lotte Laserstein, Liegendes Mädchen auf Blau, um 1931, Privatbesitz Berlin, Courtesy Das Verborgene Museum, Berlin, Foto: Das Verborgene Museum, Berlin © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde sie ab 1933 vom öffentlichen Kulturbetrieb ausgeschlossen und arbeitete als Kunstlehrerin an einer jüdischen Privatschule. 1937 emigrierte sie nach Stockholm, wo sie mit einer Ausstellung in der Galerie Moderne gefeiert wurde. Von dort musste sie die Inhaftierung und Ermordung ihrer Mutter miterleben. Ihre Schwester Käte schaffte es, im Berliner Untergrund die Nazizeit zu überleben.

Nach wechselvollen Jahren und isoliert vom internationalen Kunstbetrieb zog Laserstein 1954 ins südschwedische Kalmar und sicherte ihre Existenz unter
anderem als Auftragsmalerin. Noch während ihrer Lebenszeit begann ihre internationale Wiederentdeckung 1987 und 1990 in den Londoner Galerien Thos. Agnew&Sons und The Belgrave Gallery.

1993 verstarb Lotte Laserstein im schwedischen Kalmar.

Berlinische Galerie
Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124 – 128
10969 Berlin
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Montag: 10:00 – 18:00 Uhr

Internet: www.berlinischegalerie.de