Achtundsechzig Jahre lang durchfloss der Luisenstädtische Kanal das gleichnamige Stadtviertel. Dann, nach dem Ende der Monarchie, verschwand 1920 zuerst die Luisenstadt vom Stadtplan. Sie ging auf in den neuen Bezirken Mitte und Kreuzberg. Schließlich wurde 1926 der Luisenstädtische Kanal zugeschüttet.
Wenn auch der Kanal nicht mehr existiert, ist doch sein Verlauf noch heute deutlich als grüne Schneise im Straßenbild erkennbar. Dies ist zunächst dem Landschaftsarchitekten Lenné zu verdanken. 1840 war er zum Stadtplaner berufen und mit dem Bebauungsplan für Berlin beauftragt worden. In der Luisenstadt sollten Kanal und Randbebauung ein zentrales Ensemble bilden, das wirtschaftlichen Nutzen und Ästhetik vereinte und der Naherholung dienen konnte. Linden säumten die Uferstraßen und luden zur Promenade ein. Als Sichtachse lenkte der Kanal den Blick nordwärts auf die im Entstehen begriffene Michaelskirche, die neue Garnisonkirche für das katholische Militär.
Der Bau von Kanälen war durch das Anwachsen der Einwohnerzahl und des Güterverkehrs notwendig geworden. Die meisten Waren wurden in und durch Berlin zu Wasser transportiert. Im Jahr 1840 zählte man 48.354 Schiffe. Somit kamen auf 100 Einwohner rund 15 Wasserfahrzeuge. Die alten Berliner Wasserstraßen jedoch konnten dem vermehrten Schiffsverkehr nicht mehr genügen. Für die Passage durch die Stadt benötigten die Schiffer häufig länger als einen Monat. Von 1845 bis 1852 wurden deshalb der Landwehrgraben zum Kanal ausgebaut, der Luisenstädtische Kanal als Stichkanal zwischen Spree und Landwehrkanal angelegt und parallel zur Unterspree der Spandauer Schifffahrtskanal in Angriff genommen.
In den sechziger Jahren war dem Güterverkehr per Schiff eine Konkurrenz durch die Eisenbahn erwachsen, bis ab 1870 der Schienenverkehr das Transportwesen dominierte. Die große Zeit der Flussfracht war vorbei.
Mit der Fertigstellung des Quartiers Luisenstadt war der Transport von Baumaterialien auf dem Kanal unnötig geworden. Die ansässigen Firmen nutzten die Wasserstraße eher selten und auch der innerstädtische Transit blieb sporadisch, denn die „rechtwinkligen“ Kurven an den Zufahrten und am Engelbecken behinderten das Manövrieren und die Fließgeschwindigkeit. Zum Ärgernis für die Anwohner jedoch geriet das Kanalwasser wegen der Geruchsbelästigung und der sommerlichen Mückenplage. Offenbar hatte Lenné der Gefälligkeit des Anblicks Aufmerksamkeit gewidmet, die Tauglichkeitsprüfung jedoch unterlassen. Der beabsichtigte Erholungswert der Anlage war nicht realisiert.
Nach jahrzehntelanger Duldung dieses Zustands entschloss man sich, den Luisenstädtischen Kanal wieder zu verfüllen und eine öffentliche Frei- und Grünfläche auf dem Terrain zu schaffen. Beauftragt mit dem Entwurf wurde 1928 der Berliner Stadtgartendirektor Erwin Barth.

Barth Erwin (1880-1933), Luisenstädtischer Kanal, Berlin: Gesamtplan für den ehem. Luisenstädtischen Kanal im Grundriss 1:2000, Maßstabsleiste, Legende. Lichtpause auf Karton, 47,80 x 117,10 cm (inkl. Scanrand). Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin Inv. Nr. 41018.
Er gliederte das Gelände zwischen den Kanalmauern in eine Sequenz von Gärten, deren Höhenniveau an den Wasserpegel vordem erinnert. Vom einstigen Kanal blieb nur das Engelbecken. Dessen Nutzung als Familienbad scheiterte an der katholischen Öffentlichkeit, die ein Badevergnügen vor ihrer Pforte abgelehnt hatte. Also wurde das Engelbecken vorerst zum Schmuckteich mit Fontänen, bis es in der Episode des geteilten Nachkriegsdeutschlands zum betonierten Grenzstreifen geriet. Während des Krieges waren die Kanalgärten kaum beschädigt worden.
Ihr Ruin begann erst in den 1950er Jahren, indem die tiefliegenden Areale mit Trümmerschutt gefüllt wurden. Die Kreuzberger Parkanlage zwischen Waldemarbrücke und Landwehrkanal entstand in Regie der Internationalen Bauausstellung 1987. Die Barthschen Gärten im Bezirk Mitte wurden nach 1990 schrittweise restauriert. Seit der Jahrtausendwende ist das Engelbecken wieder freigelegt und mit Wasser befüllt. Die gesamte Grünanlage im Kanalbett ist als Gartendenkmal in der Landesdenkmalliste Berlins aufgenommen.